Die Städte und die Erinnerung 5
Maurilia ist geprägt von Nostalgie, der Sehnsucht nach etwas vergangenem, ausgelöst aus einer Unzufriedenheit mit der Gegenwart. Ein provizielles Städtchen, dass still und heimlich zur Metropole geworden ist. Man erinnert sich an den verlorenen Reiz der Vergangenheit, präsentiert den Besuchern nicht das neue, überformte Maurilia, sondern Ansichtskarten des alten. […] Doch dieser Blick [zurück] beschönigt die Vergangenheit und entwertet zugleich deren Überformung. Maurilia ist nicht nur eine Stadt sondern viele. Sie alle sind nicht von den anderen zu unterscheiden. Sie haben Eigenschaften und Orte die Metropolen nunmal haben. Doch sind sie sich dieser Identitätslosigkeit nicht bewusst, sondern suchen sie in der ebenso eigenschaftslosen Vergangenheit. […]
Lutyens hat, wie in Teil I erläutert, seine Strategie entwickelt um eine Vielzahl von einheitlichen aber nicht identischen Friedhöfen entwerfen zu können. Daher bildet sie die passende Grundlage für den Entwurf der vielen, sich stark ähnelnden Städte, die Maurilia heißen. Die zwei Hauptelemente, das Kreuz und der Stein spannen eine Achse auf um die sich die weiteren Elemente anordnen. Der Eingang, die Grabsteine, die Mahnmale und Gebäude. Die Anlagen und vor allem die Gebäude unterliegen einem modularen System, dass sich auf die örtlichen Besonderheiten anpasst.[…]
Die große Menge der Grundrisse verdeutlicht, dass die Maurilias nicht einzigartig sind. Sie sind kaum zu unterscheiden. Die Überbleibsel der alten Städte, hier rot gekennzeichnet, gehen in den neuen Gebäuden der Metropolen, in blau dargestellt, häufig unter. Die Collage ist ein Anaglyphenbild bei dem die alte Zeitschicht in rot und die neue in blau überlagert dargestellt werden. Sie verbildlicht zunächst den Blick der Bewohner. Sie sehen in ihrem Maurilia nicht nur das Neue, da dies in ihnen die Erinnerung und Sehnsucht nach dem Alten weckt. Die Szenen der alten Städtchen und die der Metropole überlagern sich. Nimmt man nun die dem Plan beigelegte, rote Folie zur Hand, zeigt sie den Eindruck der Besucher. Sie besichtigen Maurilia mit Ansichtskarten, die sie das Neue ausblenden lassen um das Alte sichtbar zu machen. Die rote Folie filtert das Neue raus, sodass nur das Alte sichtbar bleibt.
Dies verdeutlicht, dass Maurilias Bild konstruiert und unwahr ist. Eine Mischung von Erinnerung und Gegenwart. Das Modell zeigt die unendliche Anzahl von Maurilias. Die neun Städte gehen beinahe ineinander über und vervielfältigen sich über die Grenzen des gebauten hinaus in ihren Spiegelbildern. […]
David Justen, Jakob Naujack & Hoda Soliman