Die Städte und die Zeichen 5

Im Kapitel fünf „Die Städte und die Zeichen“ beschreibt Marco Polo dem Mongolenkaiser Kublai Kahn die Stadt Olivia. Dabei wechselt er zwischen utopischen und distopischen Beschreibungen. Zunächst erläutert er, dass man die wirkliche Stadt nicht mit ihrer Beschreibung verwechseln sollte; es gäbe zwar eine Beziehung zwischen der Beschreibung und der wahren Stadt, doch ist diese von Metaphern verborgen. Das utopische Bild dient der Beschreibung der Eigenschaften, jedoch weicht die reale Stadt davon ab. Filigrane Palästen, Zweibogenfenster oder ein weißer Pfau auf einem Rasen im Innenhof sind Zeichen des Reichtums, sollen aber zeigen dass Olivia in Wirklichkeit „in eine Wolke von Ruß und Schmutz gehüllt ist“.
Eine Eigenschaft der Stadt wird mit Metaphern beschrieben, die sich als utopisches Gegenteil der Wirklichkeit herausstellen, die darauf folgende Erklärung der Wirklichkeit ist eine Distopie der zuvor beschriebenen Lüge.

Die distopische Wirklichkeit der Stadt, die sich im Text in einer „Wolke von Ruß und Schmutz [,] […] im Gedränge der Straßen […] [oder in den] lange[n] Reihen von Männern und Frauen [, die] wie Schlafwandler an Land gehen“ äußert, wird im Entwurf als industrielle Stadt verstanden. Die Referenz der Industriestadt des 19. Jahrhunderts ist Grundlage für Materialität und Architektur dieser Nutzung. Daraus gehen giebelständige Arbeiterhäuser, Fabriken, Schornsteine und die Materialität der Backsteine im Entwurf hervor. Die Wirklichkeit Olivias zeichnet ein düsteres Bild.
Doch Olivia besitzt Eigenschaften die im Text mit Motiven Beschrieben werden, die sich gegenteilig zur distopisch anklingenden Wirklichkeit darstellen. Eine Stadt die „reich an Produkten und Profiten ist […] [, der] Fleiß der Einwohner […] [oder] der Geist von Olivia [, der] nach einem freien Leben und verfeinerter Zivilisation strebt.“ wird mit Elementen beschrieben die eine orientalische Stadt anklingen lassen: „filigrane Paläste mit fransengeschmückten Kissen […] [,] Zweibogenfenster […] [,]einen Rasen, auf dem ein weißer Pfau sein Rad schlägt“. Dieser Geist der Stadt wird in architektonischen Formen dargestellt, die ihn für den Betrachter als etwas fernes erahnen lassen.

Dafür werden die Häuser zu Wohnblöcken mit Höfen zusammengefasst und diese mit einem oriantalisch anmutenden Arkadengang aus Spitzbögen und Doppelsäulen ergänzt. Zusammen mit dem Springbrunnen in der Mitte kann der Betrachter ein oriantalisches Hofhaus oder einen Wohnpalast assozieren […]

Jedes Element des Entwurfes ist also von seiner Gegenwart und Nutzung beeinflusst, entwickelt seine Form aber zusätzlich aus Elementen die eine Ahnung implizieren. Der Betrachter sieht im Gesamtbild eine düstere, schmutzige Stadt, doch der Geist der Stadt, ihr Reichtum, der Fleiß ihrer Einwohner oder das Streben nach Zivilisation zeigt sich im metaphorisch-romantischen der Architekturen.

Carlos Schrewe, Simon Arlt & Tobias Krichel