Die Städte und die Toten 2
Am Rand des Nichts befindet sich Adelma. In undurchsichtigem Nebelschleier erhebt sich eine einzige runde Insel aus dem welligen Gewässer. Umliegend nur wenig, vereinzelte Boote welche in unterschiedlichster Richtung auf die Insel zukehren. Der radiale Grundriss der Stadt erinnert an einen mittelalterlichen, europäischen Stadtgrundriss. Das umliegende Gewässer wird durch einen umlaufenden Steg von der leicht erhobenen Stadt abgegrenzt. Die Stadt erscheint monolithisch, aber stark fragmentiert. Einzelne Elemente sind bereits aus der Ferne zu erkennen, wie z.B. ein Teil einer Kapelle, Stadttore und Mauern, Säulen, ein Marktplatz und Türme. Diese Elemente gliedern Adelma in eine Stadt ohne zuweisbaren, eindeutigen Charakter. Sie sollen bloß den Anreiz für das Geschehen setzen. Die einzelnen großmaßstäblichen Fragmente wirken nicht in ihrer Gesamtheit, sondern sollen lediglich Bilder der Erinnerungen erwecken. Die Stadt der Toten wird erst lebendig durch den Besucher dessen, der Besucher, welcher ebenfalls die Grenze des Lebendigen überschritten hat. Adelma lebt durch die Erinnerung, durch fragmentarische Assoziationen bereits geschehener Ereignisse, welche individuell durch den Betrachter bestimmt werden. Nach diesem Prinzip baut sich jegliche Struktur der Stadt auf. Jegliches Bauwerk scheint unfertig, eine Anreihung verschiedenster Fragmente, wodurch die Figur der Lücke entsteht. Verschiedenste bauliche Lücken werden durch die Assoziation des Betrachters gefüllt. Die Assoziation entsteht durch die Toten der Stadt, welche Bekannte des Betrachters sind. Die Verbindung der Personen und Erinnerungen werden durch die Raum-Fragmente ausgelöst und geprägt. Dementsprechend gibt zum Beispiel die Dreiteilung der Fassade des Dreifensterhauses einen Impuls für die Erinnerung von Klingelstreichen als Kind. Das Ereignis wird anschließend durch die Toten weitergespielt, die Raum-Fragmente wachsen und werden ergänzt, das Bild vervollständigt sich. […]
Enya Beyer, Georges Reiser & Tim Schell