Die Städte und die Erinnerung 3
[Die] Vergangenheit und Entwicklung [dieser] Stadt ist alles andere als linear. Einzelne Anekdoten von gescheiterten Machtansprüchen und Angriffen, prächtigen Hochzeitszügen und alltäglichen Gesprächen der Fischer am Hafen illustrieren eine Szenerie, die immer wieder ins Verhältnis zum Raum und seinen Dimensionen gesetzt wird. Die Geschichte zeigt auf, wie stark Erinnerungen mit einem Ort oder einem Raum verbunden sind und wie das Stadtbild durch die vergangenen Geschehnisse beeinflusst wird. Die zeitliche Inkonsistenz der Erzählungen führen das Maß der Zeit und den Gedanken der Impermanenz ein. Doch die gescheiterte Machtübernahme des Usurpators und das Fortbestehen und Weiterentwickeln der Stadt zeigt ebenfalls einen gewissen Ewigkeitsanspruch.
„Eine Beschreibung von Zaira […] müsste die ganze
Vergangenheit von Zaira enthalten. Aber die Stadt erzählt ihre
Vergangenheit nicht, sie enthält sie wie die Linien einer Hand,
eingeschrieben in die Ränder der Straßen, […] die Masten der
Fahnen, jedes Segment seinerseits schraffiert von Kratzern, Sägespuren,
Kerben und Schlägen.“
Dieser Vergleich des finalen Satzes der Geschichte bildete die Grundlage der Entwurfsidee. Die Linien der Hand werden als Lebensadern betrachtet, welche die wichtigsten Orte der Stadt miteinander verbinden. Die Schauplätze der Szenerien in den einzelnen Erinnerungen werden zu besonderen Merkzeichen, belebt durch die dort stattfindenden Handlungen der Menschen.
Um Zaira „sichtbar“ zu machen arbeiteten wir stark mit der Untersuchung, Kategorisierung und Kreuzung verschiedenster Referenzen und folgten der Strategie Andreas Hilds. Grundlegend für unseren Entwurf ist die abstrakte Kreuzung des Gebildes der Hand mit der in diesem Fall als Gebäude zu klassifizierenden Stadt. [Es] stellte sich beim Lesen der Beschreibung von Zaira mit ihren treppenförmigen Straßen und ihren hohen Bastionen, dem Kapp und den Fischern, bei uns allen ein Bild einer mediterranen mittelalterlichen Stadt mit ausdrucksstarker Topografie ein, beispielsweise die vor kurzem bereiste Stadt Dubrovnik. […] Deshalb wählten wir den Stadtgrundriss Dubrovniks als architektonische Referenz zur Kreuzung mit dem Gebilde der hybriden Hand. Es entsteht ein Stadtgrundriss, dessen Straßensystem auf den Faltlinien der Hand basiert. Die hauptsächlichen Schauplätze der Erzählung werden durch die Straßen oder Hauptlebensadern miteinander verbunden. […]
Man kann hier wieder von der Kreuzung sprechen, der Kreuzung von Landschaft und Organismus, in der sich die Topografie der Form der Hand allerdings nur annähert, bzw. so mit ihr verschmilzt, dass die ursprüngliche Referenz nur im großen Maßstab erkennbar bleibt. Einzeln betrachtet verschmelzen und verblassen die Erhebungen und Vertiefungen der Muskel und Knochen in den Handballen und Fingern in der Topografie einzelner Berge, Hügel und Täler. […]
Laura Camacho Latz, Anina Janich & Eleana Schmetterer