Die Städte und der Name 2

[…] [Die] Stadt Leandra [wird] als Wohnraum in einem Gebäude beschrieben, in dem ein reges Treiben von zwei Götterarten herrscht. Diese Götter sind so klein, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann und auch sonst sind sie vom Äußerlichen nicht zu
unterscheiden. Worin sie sich unterscheiden, ist ihre Art zu leben und ihre Ansicht über ihren Lebensraum.

Die einen werden Penaten genannt und folgen Menschen und
Familien bei ihren Umzügen und richten sich stets in einer
neuen Wohnung ein. Sie müssen sich jedes mal aufs Neue als
Neuankömmlinge einen Platz in der neuen Wohnungssituation
erobern und halten sich am liebsten im Bereich der Eingangstür oder bei Gegenständen wie Schirmen oder Jacken auf, die
in enger Beziehung mit der Außenwelt stehen. Sie vertreten die
Meinung, dass sie die Stadt Leandra maßgeblich prägen, und
dass Leandra immer dort ist wo sie sich aufhalten.

Die anderen Götter nennen sich Laren und bleiben stets an
einem Ort, sodass es sogar sein kann, dass sie schon an Ort und
Stelle waren, bevor das Gebäude überhaupt gebaut wurde.
Sie gehören zum Haus und halten sich oft an Orten auf, die
meist unberührt von Penaten und Menschen bleiben. Ideale
Bedingungen dafür bietet zum Beispiel eine Küche, wo sich
die Laren unter rostigen Töpfen und Dosen verstecken können
oder sich im Rauchfang aufhalten […].

Hugo Friedrich, Katharina Münstermann & Annika Reichstein