Die fragilen Städte 5
Eine Stadt am entlegensten Ort dieser Erde – Zivilisation, wo man sie am wenigsten vermuten würde. Diese lebensfeindlichen Bedingungen stellen Herausforderungen, denen sich die Bewohner von Ottavia tagtäglich gegenübersehen. Völlig abgeschieden von der restlichen Weltbevölkerung sind sie auf sich alleingestellt und weilen weit oben, in den Gipfeln der höchsten Berge, ein recht einsames Dasein.
Wie das Netz einer verirrten Spinne, deren Besitzerin wohl ewig darauf warten wird, dass sich Beute in ihm verfangen möge, hängt die Heimatstadt der Ottavianer von allen anderen Erdbewohnern unerreichbar zwischen den Erhebungen des Gebirges. Und doch bietet sie alles, was es zum Leben braucht. Das Netz und Grundgerüst der Stadt bildet die versorgende Basis. […]
Im Zentrum der Stadt, ihrem Herzen, ist der öffentliche Platz gelegen. In der Geometrie eines Oktogons wird er von acht stählernen Ketten gehalten und sicher im Gestein der Berge verankert. […] Der Titel, den Italo Calvino der „unsichtbaren Stadt“ gegeben hat, evoziert ein sehr konkretes Bild. Die Umschreibung als „Spinnennetz-Stadt“ war Basis der ersten Kategorie. In der Übertragung auf städtische Organisationsformen wurde das Spinnennetz zur Planstadt mit ihren radial und radial-konzentrisch verlaufenden Erschließungsachsen.
Studien zur Höhen- beziehungsweise in diesem konkreten Fall Tiefenentwicklung, also der Ausdehnung in der dritten Dimension, stellten wir anhand von Hängemodellen und fiktiven Städten an. Obwohl Job Floris in seiner Entwurfsstrategie nicht auf diese Art von Referenzen zurückgreift, erschien uns deren Gebrauch auch im Sinne seiner Methodik legitim. […]
Die beschriebenen Materialien und Gegenstände ließen uns an vergleichsweise einfache und simple Konstruktionen denken. Dazu im Gegensatz steht der machtbeanspruchende Gestus von Türmen und die beachtliche Höhenentwicklung vieler städtischer Zentren im Allgemeinen. Diesen Gegensatz übertrugen wir auf die soziale Struktur Ottavias, die sich auch in ihrer Gestalt äußern sollte. Im Zentrum die prunkvolle und glänzende Mitte – in den Randbereichen weniger tiefe und einfache Strukturen.
Laurenz Härtl, Philipp Pelzer & Britta Schebesta