Die Städte und der Name 2
Die Stadt Leandra wird von zwei verschiedenen Arten von Göttern beschützt, die beide so klein sind, dass man sie nicht sieht. Zum Einen gibt es die Laren, die sich hauptsächlich in den Küchen aufhalten und sich unter Töpfen verstecken. Sie gehören zum Haus und überdauern wechselnde Mieter. Zum Anderen gibt es die Penaten, die über den Haustüren leben und sich in der Nähe von Kleiderständern verstecken. Sie folgen den Familien beim Umzug und richten sich bei der Schlüsselübergabe ein. Auch wenn die Götter sich gegenseitig besuchen und sich lange gut verstehen, entstehen zwischen den beiden Götterarten oft Streitigkeiten darüber, wer nun die wahre Seele von Leandra repräsentiert.
Übertragen auf die Theorien von Wingender würden die Götter eine Art „Genius Loci“ des Gebäudes darstellen. Sie sind die Seele des Hauses und bestimmen maßgeblich die Atmosphäre. Auch wenn beide Göttergeschlechter von sich behaupten, die Seele der Stadt zu sein, sind diese doch nicht voneinander zu trennen und sind in ihrer Kombination der „Genius Loci“ von Leandra. […]
Entwirft man somit Leandra mit den Regeln der adaptiven Folgenutzung von Wingender, besteht die Stadt aus monumentalen Bestandsgebäuden und adaptiven Ergänzungen, die maßgeblich sind für die Funktion der Gebäude als Stadt. Beide sind gleichwertig und können nicht mehr voneinander getrennt werden. […]
Bestandsgebäude bilden die konstruktive und inhaltliche Grundlage für die adaptive Folgenutzung. Wir haben uns für die Zeche Zollverein entschieden, da das Gebäudeensemble weitgehend unverändert ist und in seiner Form und Struktur einem Stadtgefüge entsprechen könnte. Das Gelände wird aus seiner ursprünglichen Umgebung genommen und in eine fiktive Landschaft gesetzt. […]
Die verschiedenen Funktionen werden bei uns nicht spezifisch auf Bestand und Ergänzungen aufgeteilt, sondern im neuen Stadtgefüge möglichst sinnvoll verteilt. Die Kohleförderbänder werden durch Weitere ergänzt und werden zur neuen Erschließung der Stadt. Die Gleise werden zu einem Fluss, der die Versorgung der Stadt sicherstellt. Die vorhandenen Gebäude werden aufgestockt und neue Baukörper werden ergänzt, um ein dichteres Stadtgefüge zu erzeugen. Diese sind nach der Struktur der Zeche ebenfalls alle orthogonal zueinander angeordnet. Die Hauptrichtung der Gebäude wird beibehalten […]
So entsteht auf dem ehemaligen Zechegelände ein eigener kleiner Mikrokosmos, der bestimmt durch das Spannungsspiel von Bestand und Neubauten, den Charakter der Stadt Leandra schafft und die Stadt sichtbar werden lässt.
Vanessa Kohl, Lukas Linnemann & Alina Sattler